Gründung

1982

Parzellen

62

Fläche

3,3 ha

Die Geschichte der Kleingärten in Deutschland

Die Geschichte der Kleingärten in Deutschland begann im 19. Jahrhundert, als die Industrialisierung viele Menschen in die Städte zog und soziale Herausforderungen, wie Wohnungsnot und Mangelernährung, immer sichtbarer wurden. Um diesen Problemen entgegenzuwirken, rief man Armengärten ins Leben, die es Familien auf gepachtetem Land ermöglichten, Obst und Gemüse für den Eigenbedarf anzubauen. Kurz darauf folgten Fabrik-, Eisenbahner- und Gärten von Organisationen wie dem Roten Kreuz und der Naturheilbewegung.


Der Name „Schrebergärten“, den wir heute so gut kennen, geht auf Dr. Daniel Gottlob Moritz Schreber zurück. Als Arzt und Hochschullehrer an der Universität Leipzig setzte er sich vor allem mit den gesundheitlichen Problemen von Kindern und Jugendlichen auseinander. Im Jahr 1936 gründete er den ersten Turnverein in Leipzig. Drei Jahre nach seinem Tod (1964) ließ sein Schwiegersohn, Dr. Ernst Innocenz Hauschild, in Leipzig den „Schreberplatz“ anlegen, um die Vision von kindgerechten Spiel- und Turnplätzen zu verwirklichen. Obwohl dieser Platz ursprünglich als Schulverein entstand, benannte man ihn – in ehrendem Gedenken an den verstorbenen Vorkämpfer – Schreber, anstatt ihn als Schul- oder Erziehungsverein zu bezeichnen.

Bild (gezeichnet) vom Schreberplatz. Verschiedene Menschen stehen auf einem Platz, die einen tanzen im Kreis, die anderen pflücken Blumen, andere unterhalten sich

Es war dann Heinrich Karl Gesell, der am Rand dieses Platzes kleine Rabatten anlegte, um Kindern das Gärtnern näherzubringen. Jedoch verloren diese schnell das Interesse an den Beeten – sodass die Eltern eingriffen und Hacken und Schaufeln selbst in die Hand nahmen. Aus den „Kinderbeeten“ wurden „Familienbeete“, die später in Parzellen unterteilt und umzäunt wurden.

Während und nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten die Menschen Kleingärten zunehmend als Lebensraum und zur Selbstversorgung. In den 1960er Jahren leisteten Kleingärtner einen entscheidenden Beitrag zur Ernährung der Bevölkerung. 1976 folgten dann gesetzliche Maßnahmen, um das Kleingartenwesen zu fördern.

Als Ergebnis einer Zusammenarbeit verschiedener Betriebe entstand im Jahr 1982 die Kleingartenanlage „Bachespe“ im Berliner Stadtbezirk Treptow. Sie übernahm damit eine wichtige Rolle in der Selbstversorgung der Menschen vor Ort.

Die Entstehung der Bachespe - es war einmal ein Ackerland ...  📖

Das ehemalige Ackerland nutzte man einst als illegale Mülldeponie. Doch eines heißen Sommertages im Jahr 1982 traf sich eine Gruppe von Menschen aus verschiedenen Betrieben und Organisationen im zauberhaften Altglienicke, um ihre eigenen Gärten zu bewirtschaften. So schlossen sie sich zusammen und gründeten den Kleingärtnerverein Bachespe.
Schwarz Weiß Aufnahme de KGA in 1982, bloses Ackerland, unbebaut, altes DDR Auto im Hintergrund, Fläche verwildert

Überlieferungen zufolge gibt es zwei Geschichten, wie die Bachespe zu ihrem wundersamen Namen gelangte. Die erste ist von eher pragmatischer Natur. Die Fantasiebezeichnung „Bachespe“ setzt sich aus den Akronymen der verschiedenen Betriebe zusammen: „Ba“ für die Bauakademie, „Che“ für den Chemiehandel und „Spe“ für Spezialfahrzeuge. Eine andere Erzählung jedoch berichtet von einer geografischen Inspiration. Das Gelände der Kleingartenanlage lag am Auslauf des Plumpengrabens. Die Espe – ein Pionierbaum, der sich schnell auf kargem Boden
ansiedelt – war einst weit verbreitet und bekannt für ihre Wandlungsfähigkeit und Anpassung. Und so wurde die Bachespe geboren – eine Kreation, die wohl passender nicht hätte sein können. Welche der beiden Geschichten man nun als schöner empfindet, sei jedem selbst überlassen. 


Doch kehren wir nun zu den Anfängen der Bachespe zurück. Auf dem einst für den Maisanbau genutzten Gelände wucherten in der Gründungszeit Unkraut, Wildwuchs und Müll. Dies alles erschwerte den Zugang zur Besenbinderstraße enorm, was die tapferen Neugärtnern vor große Herausforderungen stellte. Doch sie ließen sich nicht entmutigen. Nach einer ersten Besichtigung organisierten die Mitglieder einen Arbeitseinsatz, bei dem sie mit Hacken, Schaufeln und schwerem Gerät das Land von Unrat befreiten.

Andere Schwarz Weiß Aufnahem aus Gründungszeiten, Wiese

Im August 1982 vergab man schließlich die ersten Parzellen. Einige Familien durften ihre Plätze wählen, während andere ausgelost wurden. Die Mitglieder des Vereins standen vor der Herausforderung, ihre Bungalows vor dem Wintereinbruch zu errichten. Während die Gemeinschaftsarbeiten gleichzeitig mit den individuellen Bauvorhaben liefen, organisierte der Vorstand eine Sammelbestellung für Bungalows und sicherte die Finanzierung durch einen Kredit. Doch die Lieferung erfolgte schneller als erwartet und setzte die Bauherren unter zusätzlichen Druck.


Die Bauarbeiten begannen, aber es gab viele Hindernisse. Es mangelte an Genehmigungen, ebenso gestaltete sich die Materialbeschaffung als schwierig. Viele Gartenfreunde investierten viel Zeit und Geld in ihre Parzellen. Aber nach und nach stellten sie ihre Bungalows fertig. Doch zeigten sich Probleme mit der Qualität der Außenwände. Die nicht vorhandenen Strom- und  Wasseranschlüsse erschwerten die Arbeiten zusätzlich. Die Gartenbesitzer bildeten Bedarfsgemeinschaften, um sich gegenseitig zu unterstützen. Trotz dieser anfänglichen Herausforderungen entstanden im Laufe der Zeit Freundschaften und eine starke Solidargemeinschaft unter den Nachbarn.

Doch die Hürden schienen nicht zu enden. Die Toilettensituation erwies sich als eine weitere große Herausforderung. Ein ehemaliges Vereinsmitglied entwarf ein Toilettenhaus für Damen und Herren, das man dann in Eigenleistung aus Holz baute. Auch wenn die Sauberkeit anfangs zu wünschen übrig ließ und viele die Gaststätten aufsuchten, begannen die Bauarbeiten für die Bungalows mit eigenen Toiletten. Doch auch diese waren anfangs nicht funktionstüchtig. Anträge auf einen Anschluss an die zentrale Abwasserentsorgung lehnte die Stadt ab. So mussten die Parzellenbesitzer nun eigene Lösungen finden. Sie besorgten Betonauffangbehälter und organisierten deren Transport.


Im Jahr 1983 informierte der VEB Energiekombinat, dass ein Anschluss ans öffentliche Stromnetz erst nach 1985 möglich sei. Trotz wiederholter Anfragen des Vorstands blieb die Einspeisung unklar. Doch die tapferen Gärtner gaben nicht auf. 1986 stellten sie eine eigene Wasserversorgung durch einen Tiefbrunnen sicher. Der Stromanschluss kam schließlich 1988, allerdings zunächst nur mit 500 Watt pro Parzelle. Erst 1995 konnte die Spannung auf den benötigten Wert umgestellt werden.

Als die Bachespe schließlich ihre eigenen Rasenwege erhielt, verwandelte sich die Kleingartenanlage in eine grüne Oase. Mit der Währungsunion entstanden neue Herausforderungen und die Pachtforderungen stiegen. Auch der Landbedarf für Bauprojekte in Berlin stellte die Anlage auf eine harte Probe. Doch die Mitglieder kämpften weiter und konnten ihre Gemeinschaft und die Kleingartenanlage erhalten. Während man die Abfälle bis zur Einführung einer organisierten Abfuhr durch die Abwasserbetriebe in den 1990er Jahren unzulässiger Weise auf Rasenflächen verteilte, erwirkte man dann im Jahr 2005 schließlich eine Baugenehmigung für die Abwassergruben, was die Problematik abschloss.


Mit der Zeit kamen regelmäßige Gartenfeste und Gemeinschaftsdienste hinzu. Die Geschichte der Kleingartenanlage Bachespe spiegelte nicht nur die Veränderungen in der Gesellschaft wider, sondern auch den Wandel in der Landwirtschaft der DDR. Vom ersten Kampf um die Pacht bis hin zu den erfolgreichen Bauprojekten, die der Verein meisterte, waren die Mitglieder stets von einem starken Gemeinschaftsgeist und einem tiefen Engagement für ihren Garten begleitet.


Die ursprüngliche Parzellenaufteilung von 56 Parzellen wuchs auf 62, als die Mitgliederversammlung gegen die Fortführung des Vereinsheims neben der Obstbaumwiese stimmte. Die Traditionen setzten sich fort – seit 1990 feirert man jährlich ein Sommerfest, bei dem kulinarische Köstlichkeiten vom Grill und Obstbowlen auf den Tisch kommen. Auch die Kinderfeste erfreuen sich großer Beliebtheit. Viele ehemalige Kinder bringen nun ihren eigenen Nachwuchs mit, die wiederum von den Großeltern begleitet werden.

Bild von Festwiese. Es stehen im Hintergrund verschiedene kleine Pavillions, untern denen Menschen sitzen. In der Mitte stehen Menschen im Kreis, die Hände auf die Schultern der Personen vor Ihnen gelegt und scheinen eine Polognese zu tanzen. Ganz vorne sitzen 3 Personen an einem Tisch, halb verdeckt von einem Strauch.

So wurde die Kleingartenanlage Bachespe über Jahre hinweg zu einem Ort, an dem Freundschaft, Engagement und Liebe zur Natur miteinander verschmolzen. In dieser Zeit  entstanden prächtige Anlagen, in denen Gemüse, Obst und Blumen wuchsen. Die Erinnerungen an die ersten Ernten und die Entwicklung der Gärten bleiben bis heute lebendig. Heute präsentieren sich die einzelnen Parzellen als komfortable Rückzugsorte mit modernen technischen Geräten und einem starken Fokus auf Umweltschutz. 


Und so blüht und gedeiht die Kleingartenanlage Bachespe bis heute, ein wahres Paradies, in dem sich Natur und Gemeinschaft weiterhin vereinen – und sie lebten glücklich und grün bis ans Ende ihrer Tage.

Danksagung


Dieser kurze Auszug beschreib die Entwicklung der Kleingartenanlage „Bachespe“ seit ihrer Gründung im 19. Jahrhundert. Die dem Text zugrundeliegenden Chroniken stellten 2007 in liebevoller und intensiver Arbeit die Gartenfreunde Waltraud Käß, Ursula Jurga und Peter Opahle zusammen. Besonderer Dank gilt auch den Gartenfreunden Fleischer, Strunz, Gerlach, Brumme, Ruttge, Tschuk, Ziesemer, Bartsch, Lasch und Poppek, die mit ihren Erinnerungen und ausgesuchten Fotos viele Fakten und manche Anregung für die Erarbeitung der Chronik gaben. Gedankt sei auch allen ehemaligen und dem amtierenden Vorstandsvorsitzenden, ohne deren selbstlosen Einsatz die Kleingartenanlage heute nicht da stehen würde, wo sie steht: Gerhard Luckner, Peter Kaufhold, Peter Schuld, Manfred Poppek, Arno Schmid, Brigitte Breuer, Catja Krenz, Maximilian Cygan.